Das LG Berlin spricht Klartext zum Recht an der eigenen Stimme 

Ein YouTuber verwendet eine KI-generierte Stimme für die Vertonung zweier Videos – und muss eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 4.000 Euro zahlen. 

Was ist passiert? 

Mithilfe künstlicher Intelligenz lassen sich durch den Upload einer wenige Sekunden dauernden Audiodatei täuschend echt Stimmen nachahmen (sog. Voice-Cloning). Das ist auch mit der Stimme von Manfred Lehmann geschehen, die u.a. als Synchronstimme von Bruce Willis und Gérard Depardieu bekannt ist. Ein Youtuber und Inhaber eines Onlineshops hat mit der KI-generierten Nachahmung von Lehmanns Stimme, die als solche wiedererkennbar war, ohne Berechtigung zwei seiner Videos vertont – eine klare Persönlichkeitsrechtsverletzung, so das LG Berlin II in seinem Urteil vom 20.08.2025, Az. 2 O 202/24. 

Stimme bleibt Stimme und ist vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasst 

Das Gericht bestätigt: das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Stimme als Merkmal der Persönlichkeit und gegebenenfalls, so bei einem Synchronsprecher wie Lehmann, ihren beträchtlichen wirtschaftlichen Wert. Es stehe allein der jeweiligen Person zu, über die Voraussetzungen zu entscheiden, unter denen ihre Persönlichkeitsmerkmale zunutze gemacht werden dürfen. Die unberechtigte Verwendung der Stimme als Persönlichkeitsmerkmal könne deshalb eine ebenso intensive Persönlichkeitsbeeinträchtigung darstellen, wie etwa die unberechtigte Verwendung des Bildnisses oder Namens einer Person. Es mache in dieser Hinsicht zudem keinen Unterschied, ob eine wiederkennbare Stimme als Aufzeichnung ohne Berechtigung durch einen Stimmenimitator imitiert oder mithilfe von KI nachgeahmt werde. 

Rechtswidriger Eingriff und Zuordnungsverwirrung 

Der Beklagte hat in dieses Persönlichkeitsrecht eingegriffen, indem er eine KI-generierte Nachahmung der Stimme von Lehmann für seine Videos ohne Einwilligung oder sonstige Rechtfertigung verwendete. Der Beklagte habe gezielt eine sog. „Zuordnungsverwirrung“ herbeigeführt, weil Betrachter annehmen könnten, Lehmann hätte der Verwendung seiner Stimme zugestimmt. Dass es sich um eine KI-generierte Stimme handelte, war mangels Kennzeichnung nicht erkennbar. 

Kommerzielle Nutzung 

Der Beklagte Youtuber konnte sich auch nicht auf eine möglicherweise gerechtfertigte Verwendung zu satirischen Zwecken berufen. Stattdessen habe er lediglich die Attraktivität und Klickzahl seiner Videos steigern wollen, in denen der Youtuber die aus seiner Sicht bestehende Inkompetenz der damaligen Regierung schilderte. Davon sollte der Web-Shop des Beklagten profitieren, auf den am Ende der Videos verwiesen wurde. Im Vordergrund stand also kein satirisches Motiv, sondern eine kommerzielle Nutzung. 

Reputationsschaden 

Zudem hob das Gericht einen weiteren Umstand hervor: Die Videos des Beklagten ließen sich in ein „eher rechts“ anzusiedelndes Umfeld einordnen – etwa aufgrund der im Web-Shop angebotenen Produkt, wie „woke zero“-T-Shirts. Durch die Verwendung der nachgeahmten Stimme habe fälschlicherweise der Eindruck entstehen können, Lehmann identifiziere sich mit diesem Umfeld oder den jeweiligen Aussagen und habe deshalb der Verwendung seiner Stimme zugestimmt. 

Nicht von der Meinungs- oder Kunstfreiheit gedeckt 

Der beklagte Youtuber konnte sich auch nicht auf die Meinungs- oder Kunstfreiheit berufen. Dafür hätte das Schutzinteresse des Beklagten das Schutzinteresse von Lehmann überwiegen müssen, was das Gericht verneinte. Das Gericht stellt zudem fest: 

„Auch wenn man § 23 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 KUG hier analog anwendet, bleibt die Nutzung der Stimme rechtswidrig, da weder ein zeitgeschichtliches Ereignis noch Satire oder Kunst vorliegen. (…). Selbst wenn man dies anders sehen wollte, überwögen die berechtigten Interessen des Klägers, seine Stimme nicht ohne finanzielle Entschädigung für kommerzielle Interessen Dritter herzugeben, § 23 Abs. 2 KUG analog.“ 

Verarbeitung personenbezogener Daten ohne Rechtsgrundlage 

Sehe man die Verarbeitung von KI-erzeugten Stimmen als Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.d. Art. 6 Abs. 1 DSGVO, fehle es nach dem LG Berlin II zudem an einer Rechtsgrundlage. Das Gericht stellt fest, dass in diesem Fall eine Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. f. DSGVO nicht zugunsten des Youtubers ausfalle.  

Keine Privilegierung wegen journalistischer oder künstlerischer Zwecke 

Eine Privilegierung zu künstlerischen oder journalistischen Zwecken gemäß Art. 85 DS-GVO sei hier ebenfalls zu verneinen. 

Fiktive Lizenzgebühr 

Wer ein Bildnis ohne Einwilligung zu Werbezwecken nutzt, drücke damit aus, dass er der Nutzung einen wirtschaftlichen Wert beimisst. Der sog. Verletzer müsse sich an dieser vermögensrechtlichen Zuordnung festhalten lassen und Wertersatz leisten. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Betroffene bereit gewesen wäre, gegen Zahlung einer Lizenzgebühr der Nutzung zuzustimmen. Der Anspruch sei nämlich kein Ersatz für eine fiktive Zustimmung, sondern Ausgleich für den rechtswidrigen Eingriff in die ausschließliche Dispositionsbefugnis des Verletzten.  

Das Gericht hat hier die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr nach § 287 Abs. 2 ZPO auf mindestens je 2000 € pro Video geschätzt und dabei zugrunde gelegt, was „vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten.“ Zudem hat das Gericht in Würdigung der Umstände des Einzelfalls u.a. die Prominenz von Lehmanns Stimme, die Anzahl der Abonnenten des YouTube-Kanals des Beklagten (ca. 190.000 Abonnenten) und die nach Ansicht des Gerichts glaubhaften Angaben zu vergleichbaren Mindesthonoraren berücksichtigt.  

KI-generierte Stimme als Deepfake im Sinne der KI-VO 

KI-generierte Stimmen sind häufig als Deepfakes im Sinne des Art. 3 Nr. 60 KI-VO zu qualifizieren. Wie das Urteil bestätigt, gibt es beim Einsatz von solchen Deepfakes verschiedene Aspekte zu beachten. Wie sich Deepfakes, einschließlich KI-generierter Stimmen, rechtskonform verwenden lassen, erklären Fachanwalt Sascha Kremer und Rechtsanwalt David Buchholz ausführlich in der Beitragsreihe: Deepfakes in der Unternehmenskommunikation in der CR. Dort erläutern sie die relevanten Aspekte aus den Perspektiven Datenschutz, Persönlichkeitsschutz, Urheberrecht sowie KI-Regulierung. 

Schnell gelesen: 

  • Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt neben dem Recht am eigenen Wort auch das Recht an der eigenen Stimme – auch bei künstlich erzeugter Nachahmung  
  • Keine Nutzung ohne Einwilligung oder sonstige Berechtigung, wenn die Stimme einer realen Person wiedererkennbar ist 
  • Eine Kennzeichnung des künstlichen Ursprungs ist ratsam. Ab dem 02.08.2026 wird zudem die Kennzeichnung nach der KI-VO zur Pflicht, sofern die KI-generierte Stimme als Deepfake im Sinne der KI-VO einzuordnen ist.  
  • Die kommerzielle Nutzung erfordert eine rechtliche Prüfung und ggf. passende Lizenzvereinbarungen. Content Creators, Influencer und Unternehmen sollten sich über rechtliche Risiken im Klaren sein.  

Wie kann KREMER LEGAL Sie unterstützen? 

Wir beraten Sie gerne zu den vielseitigen rechtlichen Fragestellungen, die sich beim Einsatz von KI ergeben – sei es etwa im Datenschutz, Persönlichkeitsschutz, Urheberrecht oder unter den Gesichtspunkten der KI-VO und anderer KI-spezifischer Rechtsakte.  

Sie wollen selbst Deepfakes verwenden? Wir helfen Ihn bei der rechtskonformen Umsetzung, damit Sie keine fiktive Lizenzgebühr zahlen müssen.  

Sie entwickeln ein KI-Tool oder wollen das Tool eines KI-Anbieters nutzen? Gerne überprüfen wir rechtliche Risiken, weisen auf die für Sie relevanten regulatorische Pflichten hin und unterstützen Sie bei der Einhaltung dieser Pflichten. 

Kontaktieren Sie uns gerne über info@kremer.legal. 

Autoren: David Buchholz und Daniel Dischinger